Eine nicht ganz wahre Geschichte

 

von Detlef Seck

 

 

 

Stefan, Franz, Wilhelm, Jürgen und Detlef, die Entscheidung ist gefallen, am Wochenende geht es auf Raubfisch. Früh oder spät? Da wir ja alles etwas älter sind und sehr schlecht schlafen können, also früh!

Sonnenaufgang und wir sind an unserem Lieblingssee. Naturnah, ruhig gelegen. Also erst mal den Angelplatz herrichten. Den bequemen Angelstuhl, ja auch wir gehen mit der Zeit, wird aufgestellt. Die Gerätekiste links daneben, normalerweise rechts, aber es gibt auch Linkshänder, griffbereit. Sie dient nachher auch als Ablage für Getränke und Esswaren.

 

Den Schirm legen wir beiseite. Falls es doch noch regnen sollte, können wir ihn ja schnell aufspannen. 15 Rutentänder in das Ufer gebohrt und die Ruten schnell ausgepackt. Eine Klassische auf Grund mit dem guten alten Tauwurm. Die Zweite auf Pose mit Köderfisch. Die Dritte auch auf Pose, sie dient als Zufallsrute, mit Maden, Würmern und Mais jeweils kombiniert im Wechsel. Wollen mal sehen was da kommt. Anfüttern, nee ist nicht. Ein kleiner Rundblick über unseren Angelplatz, alles o.k. Also erst mal bequem hinsetzen, eine Tasse Kaffee trinken und anfangen diesen Tag zu genießen. Mein Blick ruht auf meine alten, viele Jahre zuverlässig begleitenden Ruten. Nicht nur meiner. Manchmal hat es mich schon gejuckt mir neues Gerät zu zulegen. Aber warum?

Sie haben mir über viele, viele Jahre viele, schöne Fische gebracht. Warum soll ich sie aufs Altenteil verbannen.

 

Dann passierte es. Nein, nein kein Fisch an einer unserer Ruten. Ein Kerl tauchte 20 Meter neben uns auf. Im Taucheranzug lief zu einer offenen Stelle am Ufer, hektisch hin und her. Der Taucheinstieg liegt doch am anderen Ufer. Auch gut, nach ca. 10 Minuten verschwindet er wieder. Der hat ja gemerkt das er hier verkehrt ist. Also genießen wir wieder in Ruhe unseren Kaffee.

 

Aber da taucht er wieder auf. Diesmal bewaffnet mit mit langen Futteralen, einer riesigen Tasche. Alles in schwarz. Schwuppdiwupp war der Kerl wieder weg. Der wird doch wohl sein Eigentum hier am See nicht alleine zurück lassen?

 

Nein, er taucht wieder auf. Diesmal mit einer noch größeren Tasche und einem Gestell welches einem Karren ähnlich ist, auf dem noch mehrere Gebäckstücke lagen. Er begann hektisch zwischen seine Sachen hin und her zu laufen, schaute hier und da hinein, wischte sich den Schweiß von der Stirn und holte tief Luft. Setzte sich auf eines der Pakete.

 

Franz wollte den armen Mann erlösen und machte sich auf den Weg zu ihm um ihm zu erklären, dass er zu Taucheinstieg zum andern Ufer marschieren müsse. Als Franz am seinem Lagerplatz ankam irritiere ihn der Typ Volllenz. Der packte gerade seine Angelruten aus. Außerdem fragte er, ob Franz der Kollege wäre, der nebenan sein Camp aufgestellt hat ohne ein Biwak und ob er eine längere Session vorhabe.

 

Wie bitte? Wenn das ein Angler ist, fragte sich Franz aus welchem Land kommt er, oder aus welcher Anstalt er entsprungen ist. Wenn er wirklich irgendwo entsprungen ist, lieber Verständnis zeigen und ruhig bleiben. Er stellt inzwischen eine Tisch auf und schleppt eine Campingliege in sein Zelt.

 

Natürlich alles wieder in schwarz. Er murmelt etwas von Reservebatterien, Rod Pods und Sounderbox. Das wird ja immer verrückter. Also sehr höflich sein, denkt Franz, schnell verschwinden ehe es unangenehm wird. Franz wünschte ihm ein höfliches Petri und trollte sich. Worauf er total irritiert hinter Franz herschaut und sein verwirrtes mit einem Taucherhut beschütztes Hirn schüttelt. Franz an seinem Platz angekommen, legte sofort sein Handy neben sich ( – ja, auch Franz lebt in der Moderne – ) griffbereit, eventuell wird der Kollege doch noch gefährlich.

 

Ein verstohlener Blick zeigte uns, er hat inzwischen seine Campingplatz komplett eingerichtet, natürlich alles in schwarz und gut getarnt.Er legt gerade seine Ruten auf so ein sehr seltenes Gestell, welche daraufhin fürchterlich laut zu piepsen anfängt. Sollen wir uns wegen der Lautstärke beschweren? Nein, lieber nicht. Wir beruhigen uns damit – Es piepst sowieso bei ihm.

 

Also konzentrieren wir uns wieder auf unseren Angelplatz und vermeiden jeglichen gefährlichen Blickkontakt. Auf einmal kommt ein Modellboot in Blickkontakt und nähert sich in zügiger Fahrt dem gegenüberliegenden Ufer. Oh, kommt jetzt noch ein Modellboot – Hobbylist dazu, dann ist es endgültig mit unserer Ruhe vorbei. Ein verstohlener Blick nach links zeigt uns allerdings, der verwirrte Kollege hält eine Fernsteuerung in der Hand mit der er aufmerksam die Fahrt des Bootes verfolgt. Unsere Neugier ist geweckt. Stefan schnappt sich sein Fernglas. Das Boot steuert weiterhin auf das andere Ufer zu. Deutlich zieht es eine Angelschnur hinter sich her. Die endet doch tatsächlich an seiner Rutenspitze.

 

OK, wenn das Boot stehen bleibt, kann er es damit zurückholen. Und….. wenn beim Angeln nichts passiert, kann er sich mit seinem zweiten Hobby die Zeit vertreiben. Das Boot stoppt kurz vor dem Ufer. Seine Ladefläche klappt hoch und ein Haufen Kugeln plumpst ins Wasser. Sie klappt wieder ein und das Boot kehrt zu seinem Besitzer zurück. Dieses wiederholt sich mehrmals. Anscheinend übt er das Anfüttern und Auslegen der Köder mit dem Boot auf weite Distanz. Da kann man mal sehen Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander.

 

Nun kehrt wieder Ruhe ein, das piepsen hat aufgehört, das Boot liegt am Ufer, nur das Schnarchen der verwirrten Kollegen ertönt aus seinem Zelt. Der ist wohl sehr früh geflohen und muss nun schlafen. Da der Kerl anscheinend schläft werden wir wieder ruhiger und genießen den schönen Vormittag beim Angeln.

 

Nur wegen der Kugeln wird Franz vorsichtshalber noch mal nachfragen.

 

Doch weit gefehlt. Von wegen Ruhe! Auf einmal läuft der Kerl mit seinem Handy aufgeregt am Ohr auf seinem Platz hin und her. Da er doch sichtlich erregt ist kommen wir ins grübeln. Eventuell hat er inzwischen eingesehen das er Hilfe benötigt. Wahrscheinlich ruft er gerade die 112 an. Nun da wir höfliche Menschen sind, macht sich diesmal Wilhelm, trotz aller Gefahren, auf den Weg zu ihm. Als Wilhelm bei ihm ankam war noch richtig sauer. Er habe bis jetzt nichts gefangen und Schuld sei sein Dealer. Er würde hier kein Netz bekommen und sein Dealer wollte ihm schon längst neue Bollie Flavour vorbeigebracht haben, die ihm den erhofften Erfolg bringen würden.

Ok, dieses erklärt vieles.

 

Auch noch Dealer!

 

Der Kerl ist nicht nur verrückt, sondern auch noch süchtig. Er ist sozusagen doppelkrank.

Sehr ruhig und höflich sagt Wilhelm, dass er ihm dabei auch nicht helfen kann. Wilhelm zieht sich langsam rückwärts gehend zurück. Alles aus reiner Sicherheit. Nur nicht den Typen aus den Augen lassen. An unserm Angelplatz angekommen packen wir schnell unser Krempel ein und die bis jetzt gefangenen Fische für die Kühltruhe.

 

Wir gehen auf einem Umweg zu unseren Autos und geben Fersengeld. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft sind wir noch zur Polizeiwache gefahren und haben den Ordnungshütern vor Ort geschildert was alles an unseren See los ist. Allerdings haben wir nie wieder etwas davon gehört. Wir vermuten das die Beamten auch nach einem kurzen Kennenlernen Fersengeld – sicherheitshalber – gegeben haben. Bestimmt haben sie aber diese Sache den Anstaltsfachleuten übergeben.

 

Langsam zweifeln wir an unserem Hobby.

 

Noch eins: Es soll sich bitte keiner persönlich angesprochen fühlen mir war einfach danach eine kleine erfundene Geschichte zu erzählen.

 

Aber……………………evtl. liegt auch ein bisschen Wahrheit darin. Wer weiß das schon?